Nicht nur in der Bundesliga, sondern auch in der Champions League führt das Thema Handspiel immer wieder zu kontroversen Diskussionen. Begriffe wie Vergrößerung der Körperfläche, Absicht, Bewegung der Hand zum Ball, unnatürliche Armhaltung und weitere Begriffe werden wild in den Raum geworfen, ohne dass bei den meisten Fußballfans die Regel präsent ist.

 

Beginnen möchte ich mit einer kleinen Schätzfrage: Was meinen Sie, wie viele Seiten des ca. 100-seitigen Regelwerks umfasst das Thema Handspiel?

Richtig oder wahrscheinlich in den meisten Fällen falsch: eine halbe DIN A5-Seite befasst sich mit dem besagten Thema. In 2 ganzen Sätzen, 3 Halbsätzen in Stichpunkten und einer Abbildung wird alles rund um das Thema „erläutert“. Hätten Sie das gedacht?

 

Zunächst möchte ich mit dem einfachen Teil beginnen. Wenn ein Handspiel vom Schiedsrichter geahndet wird, dann wird das Spiel mit einem direkten Freistoß oder einem Strafstoß für die gegnerische Mannschaft fortgesetzt. 

Im Regeltext steht, dass nicht jede Ballberührung eines Spielers mit der Hand/ dem Arm ein Vergehen ist. Das ist vermutlich den meisten Fußballfans klar, aber ab welchem Punkt des Armes beginnt eigentlich der für die Bewertung des Handspiels relevante Bereich?

 

Es wird immer wieder fälschlicherweise von der sogenannten T-Shirt-Linie gesprochen. Diese existiert jedoch nicht. Im Regelwerk findet man einen Satz und eine Abbildung zu diesem Thema. Stellen Sie sich das wie folgt vor: Lassen Sie ihren Arm am Körper runterhängen. Der Bereich des Armes, der jetzt unterhalb der Achselhöhle ist, ist relevant für die Bewertung. Der Bereich darüber gehört zur Schulter. Verständlich?

 

Jetzt komme ich zu den eigentlichen Kriterien des Thema Handspiels:

 

  • Das erste Kriterium ist das Thema Absicht. Ein Vergehen kann also nur dann vorliegen, wenn ein Spieler den Ball absichtlich mit der Hand oder dem Arm berührt. Hier ist meist die Bewegung der Hand/ des Armes zum Ball der entscheidende Faktor.

 

  • Das zweite Kriterium ist die unnatürliche Vergrößerung der Abwehrfläche. Hier ist also entscheidend, ob der Spieler seinen Körper aufgrund einer unnatürlichen Armhaltung vergrößert. Wichtig ist zu wissen, dass die Armhaltung nicht unnatürlich ist, wenn sie die Folge einer Körperbewegung des Spielers in der jeweiligen Situation ist, z.B. der natürliche Armschwung beim Laufen oder bei einem Sturz der Arm, mit dem sich der Spieler abstützt (der sog. Stützarm). 

 

  • Wenn der Spieler jedoch ein gewisses Risiko in Kauf nimmt, dass er mit der Hand oder dem Arm den Ball aufhält, dann wird dies bestraft. 

 

Einfacher wird es vor der Torerzielung. Wenn nämlich der Ball, egal ob absichtlich oder unabsichtlich, an die Hand oder den Arm geht und direkt ein Tor fällt (von der Hand/ dem Arm direkt ins Tor) oder unmittelbar nach der Handberührung, dann wird das Tor in jedem Falle nicht gegeben und es gibt einen direkten Freistoß für den Gegner. Unmittelbar heißt in diesem Falle, dass das Tor von demselben Spieler geschossen wird, kein großartiges Dribbling mehr stattfindet und nur wenige Momente vergehen.

 

Ich glaube, dass mit meinen Ausführungen klar wird, in welchem Dilemma wir Schiedsrichter bei diesem Thema meist stecken. Einige Handspiele sind ja mehr als offensichtlich, jedoch hat diese Regel einen so riesigen Graubereich, dass sie jede Menge Raum für Diskussionen bietet. 

 

Es gibt einfach zu viele Dinge, die wir Schiedsrichter auslegen und interpretieren müssen, sodass leider unter den knapp 50.000 Schiedsrichtern in Deutschland keine einheitliche Auslegung existieren kann. 

 

Hiermit will ich einfach mal klar machen, wie schwierig dieser Bereich der Spielregeln für uns Schiedsrichter in der Praxis auf dem Feld umsetzbar ist und dass es hier immer wieder neue Auslegungen geben wird. Allein das ist ja in den höchsten Spielklassen Europas sichtbar.

 

 

Mit fußballerischem Gruß,

Lars

Kontroversen ohne Ende: Die Handspielregel

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